Viel war passiert seid dem Tag an dem sie an die Tür ihres Halbbruders geklopft hatte, angetrieben von dem kindlichen Traum von Freiheit. Wenn sie vorher gewusst hätte was sie damit lostritt hätte sie vermutlich vorher der Mut verlassen, doch als es ihr klar wurde steckte sie Mitten drin im Schlamassel. Und viele andere, die eigentlich garnichts damit zu tun hatten gleich mit.
Es begann im Grunde wie die meisten Geschichten eines jugendlichen Ausreißers. Sie fühlte sich von den Eltern unverstanden, die von ihr eine Lebensführung und eine Denkweise erwarteten, die sie verabscheute. Und sie hörte die Gerüchte darüber, dass sie einen Bruder hätte, einen unehelichen Bastard ihres adligen Vaters. Und mit der Abenteuerlust, die Jugendlichen zu eigen ist stürzte sie sich in die Nachforschungen. Und sie fand ihn. Was dann geschah hätte sie sich jedoch nicht ausmalen können. Ihre Eltern, wenig erfreut über ihr verschwinden aus ihrem Einflussbereich ließen sie vom Schattenhof suchen. Und als man sie fand behaupteten sie, sie wäre entführt worden... denn NIE würden sie zugeben, dass ihre Tochter derart aufmüpfig sein könnte. Schreckliche Dinge behaupteten sie über die Daeva, die ihr einfach nur helfen wollten, anstatt sie, wie es vielleicht rein nach dem Gesetz ihre Pflicht gewesen wäre, bei den Eltern ab zu liefern.
Ohne die Hilfe Razans und der Meute, und ohne die Hilfe Daerons wäre sie nun vermutlich noch immer unter den Drogen mit denen ihre Mutter sie ruhig stellte, bis sie Zeit hätten sich näher mit ihr zu befassen. Dagur und Anjun hätten eine drakonische Strafe bekommen für etwas, dass sie nie getan hatten.
Amaija klappte ihr Tagebuch auf. Sie hatte ein Neues begonnen. Das Alte, nun Beweisstück in dem Prozess gegen ihre Eltern, war abgeschlossen. Und sie schrieb nur den einen Satz: "Heute beginne ich mein Leben!"
Und so war es auch. Gestern war die Entscheidung gefallen. Ihr Bruder würde das haus führen. Und er ließ sie gehen. Erwartete von ihr nicht etwas zu sein, was sie nicht ist. Sie war frei von den Banden der Familie, die sie ohnehin nie haben wollte. Frei um die Welt zu erkunden, und herauszufinden wo genau sie hin gehörte. Denn wie die meisten jungen Mädchen in ihrem Alter wusste sie im Grunde nur, dass sie hier in Pandämonium, der Stadt der Daeva, keinen Platz finden würde, dass die Lebensweise, die sie ihre ganze Kindheit geführt hatte, nicht die ihre war.
Sie klappte ihr Tagebuch zu und verstaute es in ihrem Würfel. Sobald ihr Bruder offiziel in seinem neuen Amt eingesetzt war würde sie mit Dagur die Stadt verlassen. Wer weiß für wie lange?